11. Februar 2019

Die Geschichte der Post in Sielow

Bis zum späten Mittelalter gab es keine öffentliche Post in Europa und Deutschland. Kaiser, Klerus und Reichsfürsten benutzten Boten und Reiter, die mit schriftlichen Nachrichten direkt zu den Zielorten geschickt wurden. Kaufmannschaft und Zünfte in den Städten beförderten ihre Briefe durch ortseigene Boten und Melder.
Maximilian I. von Habsburg führte 1490 im Heiligen römischen Reich mit den Poststationen, an denen die Reiter ihre Pferde und/oder Nachrichten austauschten, ein neues System der Nachrichtenübermittlung ein. Beim Transport von „Postfelleisen““ wartete ein Reiter mit Pferd in einer Station (meistens in einer Herberge) und übernahm wie in einer Staffel das Felleisen. Da die Wechselstationen außerhalb der Stadtmauern lagen, konnten die Briefe bei Tag und Nacht befördert werden. Maximilian nutzte dieses teure System meist nur, wenn eilige Briefe in großen Mengen anfielen, beispielsweise anlässlich von Reichstagen.
Erst um 1530 wurde die Post der Allgemeinheit zugänglich. Der Hauptpostkurs im Heiligen Römischen Reich war zunächst die Niederländische Postroute.
Im 16. Jahrhundert bildete sich längs der Handelsstraßen ein Netz von städtischen Botenanstalten im Deutschen Reich. Die Hauptorte Augsburg, Nürnberg, Frankfurt, Köln, Leipzig und Hamburg waren durch Botenkurse verbunden.
Rudolf II. von Habsburg erklärte das Postwesen 1597 zum kaiserlichen Hoheitsrecht. Das so genannte „Postregal“ beinhaltet das Alleinrecht des Staates, Posteinrichtungen zu gründen und zu betreiben. Dieses Monopol erhielt das Haus Taxis als kaiserliches Lehen.

Bereits im Jahr 1580 erließ der Kurfürst Johann Georg die erste brandenburgische Botenordnung. In der Folgezeit wurden vermehrt reitende Boten eingesetzt. Kurfürst Johann Sigismund erließ im Jahr 1614 eine neue Botenordnung, die aber erst im Jahr 1660 in Kraft trat. 1692 führte die sächsische Post auf ihrem Weg von Dresden nach Warschau direkt über Cottbus. Cottbus lag als brandenburg-preußische Enklave mitten im kurfürstlichen Sachsen. Es wurde deshalb notwendig, in Cottbus ein preußisches Grenzpostamt einzurichten. Damals befand sich die Postexpedition im Gebäude des Amtsrates Hubert. Vermutlich war dies das erste Cottbuser Postamt.

Bis 1692 lässt sich das Ritual des „Postkutsche-Putzens“ zurückverfolgen, denn die damalige Postordnung schrieb den Postillonen vor, dass sie mit sauberen Kutschen vor dem Posthaus vorzufahren hatten. Bereits im Jahr 1692 existierte in Brandenburg eine Reit- und Fahrpostverbindung von Berlin/Cölln bis nach Cottbus über den sächsischen Ort Lieberose. Ein Brief von Cottbus nach Berlin kostete im Jahr 1699 zwei Groschen, das war mehr als doppelt so viel wie ein Pfund Fleisch. Das Briefporto von Cottbus nach Berlin betrug im Jahr 1702 nur noch einen Groschen und sechs Pfennige. Durch die Angliederung der Niederlausitz an das Eisenbahnstreckennetz verringerte sich allerdings die Anzahl der Postrouten. So verfügte die Posthalterei im Jahr 1867 nur noch über zwölf Postillione und 40 Pferde. Ein Jahr später waren es nur noch zehn Postillione, 25 Pferde und acht Postkutschen. Am 29. Februar 1872 fuhr die letzte Fahrpost nach Forst, die Eisenbahn hatte die Postkutsche abgelöst. Die Postillione waren ihrer eigentlichen Funktion enthoben und kutschierten fortan nur noch Pakete von den öffentlichen Einsammelstellen zum Postamt und zum Bahnhof.

Mit dem Bau der Spreewaldbahn 1889 war nunmehr Sielow an die Bahnverbindung angeschlossen und hatte einen eigenen Haltepunkt. Damit wurde neben Gütern und Personen auch die Post befördert. Damit erübrigten sich die Transport mit der Kutsche nach Sielow.

„Postalisch gesehen war Sielow nicht immer mit der benachbarten Stadt Cottbus verknüpft. Der älteste bekannte, zeitgenössische Beleg ist eine Postkarte von 1900, auf der u.a. die Dorfstraße von Sielow (heute Döbbricker-Straße an der Dorfaue mit dem Kriegerdenkmal in der Nähe der Feuerwehr) mit Postagentur abgebildet ist.

Im Stempelbild des metallenen Stempels von 1905 der gleichen Ansichtskarte erkennt man die damalige Schreibweise „SYLOW“ mit der zusätzlichen Inschrift „BEZIRK FRANKFURT - ODER“.
Durch Befragen der Nachkommen des Grundstückseigentümers des abgebildeten Hauses, in dem sich auf der linken Seite der Postraum befand, wurde in Erfahrung gebracht, dass der damalige Agenturleiter, Herr Martin Korrenz geb. am 07.11.1850, die Postdienste neben seiner Landwirtschaft als Broterwerb bis 1918 leistete.

Da der Schmiedemeister Friedrich Nagorka nach einem Unfall nicht mehr in seinem Beruf arbeiten konnte, wurde beim Bau seines Hauses in der heutigen Sielower Chaussee 22 bereits ein Raum für die Postagentur berücksichtigt. Obwohl die übergeordnet Postbehörde zunächst einen Teil der Kosten dafür übernehmen wollte,  stand nach Fertigstellung des Hauses kein Geld mehr dafür bereit.

Neben einem Postraum, den man vom Hausflur als Postkunde nur durch ein kleines Fenster in der Tür einsehen konnte, befand sich im Haus noch ein Wohnraum für den damaligen Briefträger Herrn Exner. Der Zustellbereich zur damaligen Zeit umfasste die Orte Sielow und Dissen sowie die Schmellwitzer Siedlung. Da dieser Bereich mit dem Fahrrad versorgt wurde, kann man schlussfolgern, dass die Anzahl der Postsendungen nicht sehr groß gewesen sein konnte, was auch erklärt, dass es noch keinen Postkasten am Haus der Postagentur gab.

Die Enkeltochter des Postagenten Frau Marianne Tschentke erinnerte sich, dass der Postaustausch an der Sielower Bahnstation der Spreewaldbahn (hinter dem Burgwall) erfolgte. Außerdem erzählte sie, dass sie oft nach der Schule ihrem Großvater half, Postsendungen zuzustellen.

Im Jahr 1926 gab es dann einen neuen Poststempel mit der Inschrift „SIELOW - KREIS COTTBUS“. Von diesem Zeitpunkt an gehörte Sielow postalisch zu Cottbus. Zum Einsatz kamen später noch Stempel aus Gummi mit den Bezeichnungen „SIELOW - COTTBUS“ oder „SIELOW über COTTBUS“.

Etwa ab 1930 übernahm Herr Christian Gussor für viele Jahre die postalischen Aufgaben in Sielow. Sein Ende der zwanziger Jahre erbautes Haus befindet sich in der heutigen Sielower  Chaussee 92 direkt neben dem Grundstück der alten Schule.

Ab 1948 kam dann wieder ein Metallstempel „(2) SIELOW über COTTBUS“ zum Einsatz, aus dem die (2) herausgeschliffen wurde. Dies ist daran zu erkennen, dass SIELOW auf dem Spempel nicht symetrisch angeordnet ist.

Ab 1951 wurde Frau Marie Gussor bei der Post ausgebildet und übernahm alsbald die Poststelle in Sielow als erste weibliche Poststellenleiterin bis 1989. In dieser Zeit waren als Briefzusteller tätig: Herr Gussor, Frau Müschen, Frau Starick und später Frau Gussor selbst. Die aus Sielow abgeschickten Postsendungen trugen bis 1963 den Tagesstempel „SIELOW über COTTBUS“. Danach gab es über Jahre wieder einen Gummistempel, der nicht zum abstempeln der Brief und Karten verwendet wurde. Da der überwiegende Teil der Poststellen zu dieser Zeit keinen Tagesstempel führte, kamen dort auch selten Sonderstempel zum Einsatz.

Im Jahr 1983 zum Kreisfestival der sorbischen Kultur gab es jedoch den ersten Sonderstempel in Sielow. Dabei war bemerkenswert, dass der Stempeltext, bis auf die Ortsangabe „SIELOW“, ausschließlich in sorbischer Sprache geschrieben wurde.

In der Stempelmitte befinden sich als Motiv vier Lindenblätter zum Kreuz angeordnet.

In einem zweiten Sonderstempel von 1988 zum 3. Kreisfestival der Sorbischen Kultur, wird im Stempelbild die Darstellung des Hahnrupfens, ein sorbischer Volksbrauch, gezeigt.

1989 wurde Frau Vera Günther Leiterin der Poststelle, die zunächst für einige Wochen in den bisherigen Räumen verblieb und ab dem 16. Mai 1989 in die Cottbusser Straße 44 umzog. Hier wurde erstmals für Sielow die Kundenbedienung nicht mehr durch ein kleines Fenster in der Tür vom Flur zum Postraum durchgeführt, sondern ein offener Schalter eingerichtet. Der Telefonanschluss verblieb noch für einige Monate in der alten Poststelle, so dass die damals noch viel genutzten Telegrammübermittlung und -ankunft immer in Kombination von Fahrrad/Telefon von der Cottbusser Straße zur Sielower Chaussee nach Beendigung der Schalterstunden erfolgte.

Obwohl der Zustellbereich seit längerem nur noch die Gehöft der Gemarkung Sielow umfasste, hatten die vier Zusteller(neben Frau Günther noch Frau Gebhardt, Frau Ratsch und Frau Schönemann als Teilzeitkräfte) immer viel zu tun. Ihr Aufgabengebiet umfasste neben der Zustellung der Briefpost auch die Verteilung von Zeitschriften und Zeitungen, einschließlich der Lausitzer Rundschau, die damals fast jeder Haushalt bezog. Bis zu dieser Zeit erfolgte die Zustellung immer noch mit dem Fahrrad. Bei Wind und Wetter auch über die Sandwege  bis Sielow-Ausbau.

Nach der Wiedervereinigung veränderte die Deutsche Bundespost die Aufgabenverteilung grundlegend. Sielow wurde zunächst mit einem Poststellenver-walter, zwei Briefzustellern und einem Paketzusteller besetzt. Ab dem 07. Oktober 1992 erhielt die Poststelle einen neuen Metallstempel mit der Inschrift „SIELOW - ZYLOW“  Alle Briefe und Karten von Sielow, die in das In- und Ausland geschickt wurden kündeten nun wieder von diesem kleinen Ort in der Niederlausitz - dem Beginn des Spreewaldes.

Die Postleitzahl 7501 aus der Zeit der Deutschen Post der DDR, welche seit 1964 vergeben wurde, lautete für alle Poststellen, die zum Hauptpostamt Cottbus gehörten, gleich. Erst mit der Einführung der fünfstelligen Postleitzahlen ab dem 01. Juli 1993 erhielt Sielow eine eigene - die 03055.“
(Vera Günther, Festschrift zum Jubiläum 700 Jahre Sielow, Seite 86-88, Herausgeber: Bürgerverein Sielow e.V., Sielow 2000)

Nachdem bundesweit die Deutsche Bundespost in drei Bereiche gegliedert wurde: graue Post gleich Fernmeldebetrieb und Telefon, gelbe Post gleich Brief- und Paketsendungen und blaue Post - Postbank - gab es auch einige Veränderungen in den Prozessen. So fuhren beispielsweiseweise die Zusteller nun mit Kraftfahrzeugen die Sendungen nicht mehr von der Postfiliale Sielow, sondern von einem zentralen Stützpunkt zu den Empfängern. Nach der Aufgabe des staatlichen Monopols nach über 500 Jahren und die Privatisierung der Deutschen Post durch die Bundesrepublik im Jahr 1996 sollte die Poststelle zum Jahresende 1998 ersatzlos für immer geschlossen werden.